Erlebnisbericht eines Sowjetsoldaten PDF Drucken E-Mail
Information - Politik

Sehr geehrter Herausgeber,

 

ich schreibe Ihnen einen Brief, indem ich zunächst mal von mir erzählen möchte, aber vor allem mit Ihnen über meine Erfahrungen im Krieg sprechen möchte.

Geboren wurde ich in Russland in sehr einfachen Verhältnissen. Es war eine so genannte „normale“ Familie. Meine Eltern haben sich getrennt, als ich 7 Jahre Alt war. Es war eine sehr schmerzhafte Trennung für mich, denn im selben Moment hat man mich von meinem geliebten Bruder getrennt. Meine Mutter und ich sind in den Ural gezogen, in die Stadt Krasnowischersk. Dort lebten ihre Schwestern. In Krasnowischersk habe ich 4 Klassen absolviert, anschließend schickte mich meine Mutter, aus welchen Gründen auch immer, weg. Die Stadt Kiesel, soll mein nächstes Reiseziel werden. Dort befand sich ein Internat für elternlose-, schwer erziehbare- und aus schlechten Familienverhältnissen entstammende Kinder. Bis heute verstehe ich nicht wieso meine Mutter diesen Schritt gewagt hat und mich hingeschickt hat. Wozu? Als Kind fragt dich keiner nach deinen Wünschen oder Bedürfnissen. Die Eltern treffen für Kinder schmerzhafte Entscheidungen, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, wie sich das Kind in dem Moment fühlt. Heute denke ich sehr oft an meine Lebenserfahrungen und mein Leben im Internat. Ich bereue nichts! Diese Erfahrungen haben mich stark fürs Leben gemacht, haben mich gelehrt zu leben und zu überleben, selbst in schwierigsten Lebenslagen.

Im Jahre 1984 stand ich mit dem Koffer voller Klamotten aus dem Internat hinter den Toren dieser Einrichtung. Nach dem Abschluss haben mich die Erzieher in die freie Wildbahn entlassen. Die nächste Station meines Lebens war die Stadt Krasnokamsk. Ich habe mich an einer Kunsthochschule beworben und wurde auch genommen. Ich habe schon immer gemalt. Es war mein Leben. Aus diesem Grund habe ich mir auch diesen Beruf ausgesucht Maler-Bilddesigner.                                                                                                                                                                                                                                                                                                       

 

Winter 1984 man hat uns, junge Kerle, die bald zum Bund müssen, nach Perm geschickt um sich vorzubereiten. Dort haben wir mit den Fallschirmsprungübungen begonnen. Schon damals habe ich den Kampf im mir verspürt. Ich habe gespürt, ich möchte kämpfen. Im Frühling des Jahres 1985 war ich unendlich glücklich. Man hat mich einberufen zu Luftlandetruppen. Ich gehe zu Armee. Ich werde Fallschirmjäger!!! Ich liebe alles was mit der Armee zu tun hat, ich habe es schon immer geliebt. Kinderspiele, die mit Kampf, Soldaten und Armee zu tun hatten, waren meine Lieblingsspiele.

Bereits im Zug, als man uns junge Kerle irgendwohin in den Süden fuhr, habe ich verstanden, dass mein Traum im Krieg zu sein, in Erfüllung geht. Ich fahre in den Krieg.

Fünf Monate Vorbereitung in der Stadt Fergana (Usbekistan). Sprünge mit Fallschirm, Märsche über die Berger, Schießen, Schießen, Schießen und noch mal Märsche über die Berge und nochmals Schießen.

Anfang Oktober 1985 flogen wir endlich nach Afghanistan, nach Kabul, 103 Luftlandedivision. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie eilig ich es hatte, endlich dort zu sein. Manche von unseren Jungs sind im Schulungslager geblieben und sie haben mir Leid getan.

Die Beschreibungen über den Krieg sind endlos. Er ist in allen Farben und in allen Düften. Mir gefiel: Im Krieg ist ALLES EHRLICH!!!

In meinen Bildern habe ich Momente meines Krieges aufgezeichnet. Ich habe das aufgezeichnet, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe. Bei uns in Russland gibt es ein sehr schönes Sprichwort: „Trete nicht auf denselben Rechen“.

Die größten Nationen machen GROßE FEHLER, ohne jetzt den Krieg in Afghanistan zu berücksichtigen. Alle diese Länder treten auf den gleichen Rechen, auf welchen schon ein Mal Aleksander der Große, das britische Imperium, Sowjetunion getreten sind und nun Sie. Mir ist nicht ganz klar: Was hat Deutschland damit zu tun? Wenn die Amerikaner eines Tages auf dem Mond kämpfen würden, würde Deutschland wieder in der ersten Reihe mitmarschieren?! Wozu???

Wir Russen haben dort nicht umsonst gekämpft. Wir haben unsere Südgrenze verteidigt. Ja, wir haben viele Fehler in Afghanistan begangen, so lernen Sie doch von unseren Fehlern und von Fehlern anderer, damit Ihnen nicht die gleichen Fehler passieren.

Das ist das RUSSISCHE VOLK geduldig und nicht verwöhnt mit den Vorteilen der Zivilisation. Hat seine Verluste mit Ehre und im Stillen getragen. Und Sie, Europa, schreiten über unseren Weg, auf den wir 15.000 unserer jungen Männer verloren haben. Sie gehen und weinen bittere Tränen aufgrund des Verlustes von 10 Menschen. Wozu brauchen Sie das???

Im Jahre 1985, hat mal ein Sergeant, der gerade auf dem Heimweg in die Sowjetunion war, zu mir gesagt, zu mir, einem jungen Soldaten mit viereckigen Augen durch das Gesehene: “Man sollte nicht mit ihnen kämpfen. Es ist viel einfacher sie zu kaufen!“ Und das ist absolute Wahrheit! Wir Europäer verstehen nicht den Orient.

All das, was ich hier aufgeschrieben habe, das ist meine ehrliche Meinung, die ich durchleidete, durchlebt und erlebt habe. Wir alle machen Fehler. Aber es wäre besser man würde von Fehlern anderer lernen, damit man sie nicht mehr macht.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Sergej Laschin

zu den Zeichnungen und Texten meiner Erlebnisse